Nachruf Prof. Dr. Peter Obermann

Im April 2024 verstarb mit Prof. Dr. Peter Obermann, einer der prägenden deutschen Hydrogeologen. Er wurde 1937 in Kleve/Rheinland geboren und studierte von 1960-1965 Geologie an der Technischen Hochschule in Clausthal Zellerfeld sowie an der Universität Wien. Von 1965 bis 1970 arbeitet er als wissenschaftlicher Assistent beim Institut für Wasserwirtschaft und Hydrogeologie der Westfälischen Berggewerkschaftskasse (WBK) in Bochum (heute DMT Deutsche Montan Technologie/TÜV Nord). Seine Aufgaben bei der WBK vertiefte er berufsbegleitend in einer Dissertation, mit der er 1966 an der TU Clausthal-Zellerfeld mit einem Thema zur Hydrogeologie des Steinkohlengebirges im Ruhrgebiet promoviert wurde. Außerdem studierte er zusätzlich neben seiner Berufstätigkeit Bauingenieurwesen an der Staatlichen Ingenieurschule Recklinghausen.
Peter Obermann wechselte 1970 an das Geologische Institut der neu gegründeten Ruhr-Universität, wo er am Lehrstuhl Geologie II (Angewandte Geologie) zunächst als wissenschaftlicher Assistent, dann als akademischer Rat (1972) und akademischer Oberrat (1973) das Fach Hydrogeologie vertrat. Im Jahr 1981 habilitierte er sich mit einer Habilitationsschrift „Hydrochemische/hydromechanische Untersuchungen zum Stoffgehalt von Grundwasser unter dem Einfluss landwirtschaftlicher Nutzung“ und erhielt die Venia Legendi für das Fach Angewandte Geologie. 1982 wurde er zum C2-Professor berufen und schließlich trat er als Lehrstuhlinhaber die Nachfolge von Prof. Dr.-Ing. Klaus W. John ebenfalls an der Ruhr-Universität an, bis er schließlich am 30.09.2002 in den Ruhestand trat.
Peter Obermann war ein Hydrogeologe mit Leib und Seele und widmete sich vor allem der praktischen Anwendung seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse, wobei seine Herkunft aus dem Bergbau immer wieder durchleuchtete. Seine Arbeiten zeichneten sich immer durch ausgeklügelte Beprobungstechniken, präzise Laboranalytik und Auswertemethoden auf dem neuesten Stand der Wissenschaft aus. Er erkannte als einer der ersten Hydrogeologen die drängenden Fragen rund um Grundwasser in Nordrhein-Westfalen, die Folgen des Bergbaus und die Problematik des Nitrats im Grundwasser. Diese noch heute hoch aktuellen Themen zogen sich durch sein ganzes Berufsleben. Er führte zahlreiche wegweisende Grundwasseruntersuchungsprojekte im Bereich der Wasserwerke in der Niederrheinischen Bucht, dem Münsterland und im Rheinischen Schiefergebirge durch, was ihn zu neuen Wegen in der Grundwasserbeprobung führte. Das von ihm entwickelte und patentierte multi-level Beprobungssystem fand in zahlreichen Projekten Anwendung und eröffnete die Möglichkeit, tiefenbezogener Grundwasserentnahmen. Darüber hinaus beschäftigte er sich schwerpunktmäßig mit der Grundwasserversauerung im Braunkohlenbergbau. Seine Untersuchungen, in Zusammenarbeit mit seinem Mitarbeiter Frank Wisotzky, mündeten in ein einzigartiges Verfahren zur Kalkung des Abraumes, das letztlich die Grundlage zur Genehmigung der Erweiterung des Braunkohlentagebaus Garzweiler lieferte.
Peter Obermann arbeitete immer sehr eng mit Kollegen verwandter Fächer in den Natur- und Ingenieurwissenschaften zusammen. Unter seiner Anleitung wurde ein Finite Elemente Grundwassermodell neu entwickelt, das die Urversion des noch heute verwendeten Programmes SPRING darstellt.
Als Hochschullehrer legte er großen Wert auf eine praxisnahe Ausbildung der angehenden Hydrogeologinnen und Hydrogeologen. Legendär war die von ihm jährlich zusammen mit Prof. Dr. Robert Langguth (RWTH Aachen) durchgeführte einwöchige Geländeübung an dem Wasserwerk Gatzweiler (Stadtwerke Mönchengladbach). Er stellte hohe Ansprüche an seine Mitarbeiter und Diplomanden. So war die Vergabe eines Diplomarbeitsthemas an gute Noten gekoppelt. Oft waren die zu bearbeiteten Themen mit praxisorientierten Projekten verbunden, was vielen seiner Absolventinnen und Absolventen den Einstig in die Grundwasserwirtschaft ermöglichte. Durch den von ihm eingerichteten, seine Ideale widerspiegelnden, Praxispreis hat er, über sein Ausscheiden aus dem aktiven Dienst hinaus, eine Förderung praxisnaher Forschung an der RUB institutionalisiert.
Prof. Obermann war nicht nur ein ausgezeichneter Wissenschaftler, sondern auch ein unkonventioneller Mensch. Sein Auftreten, oft gekennzeichnet durch seinen verwaschenen Bundeswehrparka und die Jeanskappe sowie mitunter einer schwarzen Katze auf seiner Schulter, machten ihn zu einer einzigartigen Persönlichkeit in der akademischen Welt. In seiner direkten und konsequenten Art forderte er von seinen MitarbeiterInnen und Studierenden viel, gab aber dafür eine dauerhafte Unterstützung und Förderung. Damit bleibt er als in seiner Art sympathischer Wissenschaftler bei allen in Erinnerung, die das Privileg hatten, mit ihm zusammenarbeiten zu dürfen.
Konsequent wie sein Berufsleben, war auch sein dienstlicher Abschied. Er hinterließ mir, seinem Nachfolger, ein aufgeräumtes Büro und einen wohl geordneten und gut ausgestatteten Lehrstuhl, verabschiedete sich an meinem Antrittstag und widmete sich fortan mit der gleichen Energie, mit der er die Hydrogeologie an der Ruhr-Universität aufgebaut und betrieben hatte, seinem neuen Hobby, der Astronomie.
In Erinnerung bleibt Peter Obermann als beeindruckender Mensch und ein Pionier in der damals noch jungen hydrogeologischen Wissenschaft. Seine richtungweisenden Beiträge zur Hydrogeologie in Deutschland und besonders in NRW sind nach wie vor aktuell. Er hat eine große Anzahl von Schülerinnen und Schülern bestens ausgebildet, die sich in wichtigen Positionen der Grundwasserwirtschaft etabliert haben und seine Ideen in die Praxis umsetzen.
Bochum, Prof. Dr. Stefan Wohnlich